Evangelisch-lutherische Landeskirche Sachsens
Landeskirchenamt, Postfach 120552, 01006 Dresden
Kirchenleitung, 01069 Dresden, Lukasstraße 6
Musikalischer Gottesdienst am 30. April in der Frauenkirche
Datum: 11. Juli 2014
Sehr geehrter Herr Gehrt, sehr geehrte Damen und Herren,
wir danken Ihnen, dass Sie uns Ihre Argumente und die Namen derer, die sie teilen, genannt haben. Die Kirchenleitung der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens trägt allerdings nicht die Verantwortung
für den von Ihnen kritisierten Gottesdienst.
Wir können nicht erkennen, dass der Stiftungszweck, die Frauenkirche als einen Ort zu gestalten, von dem die Botschaft von Frieden und Versöhnung ausgeht, von diesem Gottesdienst beeinträchtigt
wurde. Das Evangelium des Friedens wurde explizit durch die beiden Frauenkirchenpfarrer in diesem Gottesdienst verkündigt. Wir erkennen zudem in der nachfolgenden Diskussion in der Unterkirche
ein wichtiges Element der Diskussion über die Rolle der Bundeswehr in der Gesellschaft und die vom Evangelium her gebotene Haltung zur Friedensfrage.
Darauf, dass der 30. April als Datum der Veranstaltung gewählt wurde, hatte die Kirchenleitung keinen Einfluss. Wir hätten es begrüßt, wenn auch zeitlich der Zusammenhang zwischen der bedeutenden
Hilfsaktion der Bundeswehr während der Flut an der Eibe im vergangenen Jahr und dem Gottesdienst deutlich geworden wäre. Das stieß unseres Wissens aber auf terminliche Schwierigkeiten.
Das Verhältnis der Kirche zur Bundeswehr als Parlamentsarmee, in der auch eine ganze Reihe von Christen Verantwortung tragen, ist naturgemäß ein anderes als zu der Armee eines totalitären
Staates. Aus einer Mitwirkung der Bundeswehr in einem Gottesdienst in einer prominenten Kirche unserer Landeskirche zu schließen, es gehe darum, "kriegerische Auseinandersetzungen" zu
rechtfertigen, halten wir nicht für angemessen. Wir sehen in der evangelischen Kirche in dem Leitbild von dem gerechten Frieden, wie er in der Denkschrift der EKD "Aus Gottes Frieden leben - für
gerechten Frieden sorgen" vom 24. Oktober 2007 formuliert worden ist, einen - selbstverständlich auch von der Stiftung Frauenkirche geteilten - unaufgebbaren Konsens.
Das Selbstverständnis unserer Landeskirche als Kirche in der Mitte der Gesellschaft bedeutet nicht, dass unsere Kirche eine Kirche des Mittelstandes sein will. Sie weiß sich selbstverständlich an
diejenigen, die sich am Rand befinden, gewiesen und sieht sie sich an der Seite der Opfer deutscher Waffen exporte ebenso wie an der der Opfer des Vorfalls von Kundus. Das Handeln der Bundeswehr
darauf zu reduzieren, verbietet sich aber.
Wir können nachvollziehen, dass die scheinbare gemeinsame Einladung zum Gottesdienst von Innenminister; Bundeswehr und Stiftung Frauenkirche Irritationen auslöste. Die Kirchenleitung weist darauf
hin, dass in unserer Landeskirche ausschließlich die für eine Kirche Verantwortlichen berechtigt ist, zu einem Gottesdienst einzuladen. Das hat die Stiftung Frauenkirche nicht anders gesehen. Das
Thema der Übertragung des Hausrechtes hat in diesem Fall keinerlei Rolle gespielt.
Unseres Wissens ist ein ähnlicher Gottesdienst derzeit nicht in der Planung der Stiftung Frauenkirche.
Mit freundlichen Grüßen
Jochen Bohl
Vorsitzender der Kirchenleitung
Norbert Arendt – Erich Busse – Stefan Gehrt – Andreas Ilse – Ulfrid Kleinert – Eva Politt - Maria Salzmann – Kai Schmerschneider – Rainer Schmid – Hanno Schmidt – Christian Wolff
Stiftung Frauenkirche
- Stiftungskuratorium -
z.Hd. Landesbischof Jochen Bohl, Vorsitzender
Bischofskanzlei
Rampische Straße 29
01067 Dresden
Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens
- Kirchenleitung -
z.Hd. Landesbischof Jochen Bohl
Lukasstraße 6
01069 Dresden
Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens
- Theologischer Ausschuss der Landessynode -
z.Hd. Herrn Vorsitzenden Prof. Dr. Ulf Liedke
Helmut-Türk-Str. 2 B
01689 Weinböhla
Dresden,
am 20.05.2014
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Landesbischof,
über 800 Personen unterstützen den Einspruch gegen den Gottesdienst am 30. April 2014 in der Dresdner Frauenkirche. Nach unserer Auffassung soll die Kirche dem Frieden dienen. Die Kirche hat den
Auftrag, nach Kräften die Völkerverständigung und die gewaltfreie Austragung von Konflikten zu fördern.
Vor diesem Hintergrund fragen wir Sie: Wird die Frauenkirche nun Werbeträger für eine Armee, die sich in verschiedenen Kriegseinsätzen befindet? Um ein Missverständnis zu vermeiden: Soldaten sind
als Gäste, als Mitglieder und als Mitarbeitende in unseren Kirchengemeinden jederzeit willkommen. Wir sind aber der Meinung, dass die Befehlsgewalt der Bundeswehr spätestens an der Kirchentür
enden muss.
Im Folgenden fassen wir wesentliche Bedenken und Einwände zusammen:
1.) Die besondere Bedeutung der Dresdner Frauenkirche als „christliches Weltfriedenszentrum“ wurde durch einen Gottesdienst mit Bundeswehrangehörigen in Uniform, die im dienstlichen Auftrag
musizierten, öffentlich infrage gestellt. Die Frauenkirche ist jedoch nicht nur ein sensibler Ort wegen der Verpflichtung, Raum zu geben fürdas Evangelium des Friedens. Sie ist auch ein sensibler
Ort wegen ihrer „dunklen Steine“, die Pfr. Feydt in seiner Predigt erwähnte: Die Frauenkirche war das Machtzentrum des selbsternannten Nazibischofs Coch, der mit SA-Uniform unterm Talar, mit
Hakenkreuzfahnen in der Kirche und mit Hitlergruß am Kirchenportal den geistlichen Schulterschluss mit den Mächtigen übte. Auch angesichts dieser historischen Last forderte der Ruf aus Dresden am
13. Februar 1990: „In diesem Gotteshaus soll in Wort und Ton das Evangelium des Friedens verkündet, sollen Bilder des Friedens gezeigt, Friedensforschung und Friedenserziehung ermöglicht
werden.“
2.) Nicht nur die Wahl des Ortes, auch die unsensible Wahl des Termins stieß auf Kritik: Auf den Tag genau vor 25 Jahren war die Ökumenische Versammlung in der Dresdner Kreuzkirche zu Ende
gegangen. Die Teilnehmer erkannten damals den Zusammenhang zwischen den Fragen der Gerechtigkeit, des Friedens und der Bewahrung der Schöpfung. Diese „Überlebensthemen“ dürfen nicht aus den
Kirchen auswandern, so Christoph Münchow 2009. Entsprechend formulierte die Ökumenische Versammlung in Mainz am 30. April 2014: Wir treten ein „für eine Kirche, in der das
Bündnis mit Krieg und Gewalt der Herrschenden beendet ist“.
3.) Befürchtungen wurden laut, es gehe darum, ein engeres Verhältnis zwischen Kirche und Armee aufzubauen und einen erneuten Paradigmenwechsel in Richtung der Rechtfertigung kriegerischer
Auseinandersetzungen vorzubereiten. Stattdessen ist nach dem katastrophalen Verlauf und Ausgang beider Weltkriege sowie angesichts der Auslandseinsätze der Bundeswehr eine inhaltliche Diskussion
über die Rechtfertigung von Kriegen mehr denn je geboten.
4.) Immer wieder wird geltend gemacht, die Bundeswehr stehe „in der Mitte der Gesellschaft“ (so der FDP-Kreisverband). Wir fragen, wo der Platz der Kirche sei, und ob er zutreffend beschrieben
wird, wenn er in der „Mitte der Gesellschaft“ gesucht wird. Ist er nicht vor allem „am Rand der Gesellschaft“ zu finden, zum Beispiel bei den Angehörigen der Opfer des Luftangriffs in der Nähe
von Kunduz, bei den Menschen, die durch deutsche Waffen zu Invaliden wurden, bei den Soldaten, die schwer traumatisiert aus Afghanistan zurück kamen?
5.) Dass zu diesem Gottesdienst das Landeskommando Sachsen der Bundeswehr, der Innenminister Sachsens und die Stiftung der Frauenkirche gemeinsam einluden und gemeinsam als Veranstalter
auftraten, löste heftige Irritationen aus. In diesen Zusammenhang gehört auch das Ansinnen der Bundeswehr, bei derartigen Veranstaltungen das Hausrecht übertragen zu bekommen. Dies führt aus
unserer Sicht und Erfahrung zu einer unakzeptablen Verunklarung von Kompetenzen und Zuständigkeiten.
Wir bitten deshalb dringend um eine Stellungnahme der Kirchenleitung. Wir bitten auch um eine Stellungnahme des Theologischen Ausschusses der Landessynode. Vor allem aber bitten wir darum, einen
solchen Bundeswehr-Gottesdienst in der Frauenkirche nicht zu wiederholen.
Mit freundlichen Grüßen
[Das Original wurde im Auftrag der oben stehenden Absender von Stefan Gehrt unterschrieben und am 20.05.2014 zur Post gebracht.]
Anlagen:
- Stellungnahme der „Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland“ (aej)
- Kommentar der Mainzer „Ökumenischen Versammlung“ zu Militär in der Frauenkirche
- Zwölf Sätze zum Podiumsgespräch in der Unterkirche der Frauenkirche von Pfr. Matthias Gürtler
- Blog der "Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung"; Autor: Michael Bartsch
- Blogeintrag des sächsischen Ausländerbeauftragten Martin Gillo, CDU
- Liste der 732 Unterstützer/innen, die namentlich genannt werden wollen
Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens
Rampische Straße 29, 01067 Dresden
Der Landesbischof
Herrn
Stefan Gehrt
01277 Dresden
Datum: 19. Mai 2014
Ihr Schreiben vom 2. April
Sehr geehrter Herr Gehrt,
Sie haben mich in meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Frauenkirche angeschrieben und gegen das Mitwirken der Bundeswehr und ihres Heeresmusikkorps protestiert. Ich
war an diesem Vorgang nicht unmittelbar beteiligt, möchte Ihnen aber dennoch meine Einschätzung zur Kenntnis geben.
Aufgrund des großen Einsatzes der Bundeswehr bei den beiden Hochwasserereignissen an der Elbe in den vergangenen Jahren war es die Absicht der Stiftung Frauenkirche, das Engagement der Soldaten
zu würdigen. Sie hat aus diesem Grund das Wehrbereichsmusikkorps III zu einem musikalischen Gottesdienst eingeladen. Bedauerlicherweise ist aufgrund von terminlichen Problemen der zeitliche
Zusammenhang zu der Flut des vergangenen Jahres inzwischen nicht mehr erkennbar gewesen. Aus diesem Grund wurde auch der Kollektenzweck einem anderen Projekt gewidmet.
Der in der Öffentlichkeit leider entstandene Eindruck, Innenminister und Bundeswehr seien die Veranstalter gewesen, entspricht nicht den Gepflogenheiten in der Frauenkirche bei Veranstaltungen
mit Kooperationspartnern. Selbstverständlich lag die Verantwortung vollständig bei der Stiftung Frauenkirche. Auch der von manchen Kritikern dieses Gottesdienstes erhobene Vorwurf, es sei
Militärmusik gespielt worden, entspricht nicht den Tatsachen. Das Orchester spielte geistliche Stücke wie Bachs „Jesus bleibet meine Freude", allerdings auch weltliche Musik wie Arlens „Over the
Rainbow". Pfarrer Feydt und Pfarrer Treutmann haben zudem die Thematik von Frieden und Versöhnung als Anliegen der Frauenkirche deutlich unterstrichen.
Vor diesem Hintergrund wird es klar, dass es sich bei dem musikalischen Gottesdienst vom 30. April weder um eine unzulässige Vermischung der Kompetenzen von Kirche und Staat noch um eine
Propagandaveranstaltung der Bundeswehr gehandelt hat. Es ist für mich nicht erkennbar, dass dieser Gottesdienst mit dem Anspruch der Frauenkirche, ein Symbol für Frieden und Versöhnung zu sein,
nicht zu vereinbaren sein sollte.
Die Diskussion um den Gottesdienst vom 30. April hat vielmehr deutlich gemacht, dass es in unserer Gesellschaft und auch in unserer Kirche offenkundig nach wie vor einen erheblichen Gesprächs-
und Versöhnungsbedarf zwischen den Gegnern der Bundeswehr und ihren Befürwortern gibt. Positionen, die nach lutherischer Auffassung dem Staat das Recht zubilligen, auch mit der Androhung und
notfalls Ausübung von Gewalt den Frieden zu bewahren, stehen solchen gegenüber, die ausschließlich den Pazifismus als mit der Botschaft der Bergpredigt vereinbar ansehen. Ich bin dankbar, dass
die Stiftung Frauenkirche beide Positionen miteinander ins Gespräch gebracht hat, wie es nach dem musikalischen Gottesdienst in der Diskussionsveranstaltung in der Unterkirche geschehen
ist.
Abschließend möchte ich anmerken, dass ich einen Vergleich zwischen der Bundeswehr und der Wehrmacht, wie er von manchen Kritikern des musikalischen Gottesdienstes gezogen worden ist, für
unzulässig halte. Die Bundeswehr ist eine Armee des Parlaments, deren - von vielen Autoren der an mich gerichteten Briefe scharf kritisierten - Auslandseinsätze die vom Volk gewählten
Abgeordneten beschlossen haben. Ich bedauere es, dass solche Vergleiche bis hin zu Vorwürfen, wie sie während der Demonstration am 30. April auf dem Neumarkt erhoben wurden, die Bundeswehr
bereite einen Einmarsch in die Ukraine vor, das berechtigte Anliegen der Kritiker des Gottesdienstes, zu einem gewaltfrei geschaffenen Frieden zu mahnen, diskreditieren.
Mit freundlichen Grüßen
[Unterschrift] J.Bohl
Auf beiden Seiten des Bischofsbriefes ist unten rechts diese Grafik "Am Anfang war das Wort - Luther 2017 - 500 Jahre Reformation" zu sehen.
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