Einspruch zur Beteiligung des Wehrbereichsmusikkorps III der Bundeswehr im musikalischen Gottesdienst der Frauenkirche Dresden am
30. April 2014
Zwölf Sätze zum Podiumsgespräch nach dem Gottesdienst in der Unterkirche der Frauenkirche von Matthias
Gürtler
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Ich komme aus Greifswald, einer Stadt, die 1945 von Verantwortlichen, die zur Einsicht gekommen sind, kampflos der Roten
Armee übergeben wurde und dadurch unzerstört blieb.
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Ich arbeite in einer Kirche*, in die am 11.06.1989 Erich Honecker zur Wiedereinweihung eingeladen war. Viele Menschen
trauten ihren Augen kaum, als sie – kurz vor dem Herbst 1989 – den Händedruck von Staat und Kirche per Fernsehübertragung live miterlebten.
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Wenige Wochen vor diesem Ereignis, am 30.04.1989, ging die Ökumenische Versammlung in der Dresdner Kreuzkirche zu Ende. Die
Teilnehmer erkannten den Zusammenhang zwischen den Fragen der Gerechtigkeit, des Friedens und der Bewahrung der Schöpfung. Die Versammlung wollte die Kirche bewegen, „Kirche des Friedens“
zu werden, das heißt: „… versöhnungsbereiter, menschenfreundlicher, veränderungsfähiger zu werden, heißt umzukehren in die Nachfolge Christi.“ Christoph Münchow hat diese Themen
„Überlebensthemen“ genannt: „Diese Themen dürfen nicht aus den Kirchen auswandern!“ (Ökumenischer Rundbrief 2009)
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In derselben Stadt findet ein Gottesdienst statt, zu dem das Landeskommando Sachsen der Bundeswehr, der Innenminister
Sachsens und die Stiftung der Frauenkirche gemeinsam einladen. Eine Gruppe aus Dresden und anderen Orten hat dagegen Einspruch erhoben mit der Bitte, den Gottesdienst allein in die
Verantwortung der Kirche zu nehmen.
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Wenn die Kirche ihr Gebäude zur Verfügung stellt und mit dem Militär gemeinsam einlädt, signalisiert sie Zustimmung zu
militärischer Gewalt.
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Das passt nicht zusammen mit dem Herrn der Kirche, Jesus Christus, der die gewaltfreie Austragung von Konflikten gepredigt
und gelebt hat.
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Der jüdische Bibelausleger Pinchas Lapide fragt: „Die Bergpredigt – Utopie oder Programm?“ und antwortet: Jesus „fordert
seine Jünger auf, einen Anfang zu machen in Form einer einseitigen Vorleistung …, um so den uralten Teufelskreis von Hass und Gegenhass, von Gewalt und Gegengewalt zu sprengen“.
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In dieser Konsequenz liegt es, Geld in der BRD umzuverteilen in zivile Methoden der internationalen Streitschlichtung. Von
1999 bis 2013 haben Bundeswehreinsätze 32,5 Milliarden Euro gekostet, der zivile Friedensdienst 0,25 Milliarden Euro erhalten. (Quelle: Forum Ziviler Friedensdienst)
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Wir brauchen die „Phantasie des Friedens“, um nicht stehen zu bleiben bei der Logik: Gewalt muss mit Gegengewalt beantwortet
werden.
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Das Evangelium zu verkündigen heißt, eine Welt anzustreben, in der alle
froh sein können. Frieden und Gerechtigkeit sind miteinander verwoben.
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Am 13.02.1990, einem Tag voller Hoffnung in der „Friedlichen Revolution“, wurde zum Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche
zu einem christlichen Weltfriedenszentrum im neuen Europa aufgerufen. „In diesem Gotteshaus soll in Wort und Ton das Evangelium des Friedens verkündet, sollen Bilder des Friedens gezeigt,
Friedensforschung und Friedenserziehung ermöglicht werden.
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Mahatma Gandhi hat die Bergpredigt in Politik umgesetzt. So kehrt die Bergpredigt aus Indien zu uns zurück:
„Wenn Deutschland heute seine Politik ändern und beschließen würde, seine Freiheit nicht zu benutzen, um den Welthandel aufzuteilen, sondern um auf Grund seiner moralischen Überlegenheit
die schwächeren Völker der Erde zu beschützen, so könnte es das ganz bestimmt ohne Aufrüstung tun. Man würde noch vor Beginn einer ganz allgemeinen Abrüstung in Europa erkennen – die
einmal kommen wird, wenn Europa nicht Selbstmord begehen will -, daß eine Nation den Anfang machen und das Risiko der Abrüstung auf sich nehmen muß. Sollte dieser glückliche Zustand
wirklich werden, dann hat das Niveau der Gewaltfreiheit in einer solchen Nation so zugenommen, daß es weltweit respektiert werden wird.“ (Mahatma Gandhi: Gewaltfrei leben. Benziger Verlag
AG Zürich, 1992)
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* Gemeint ist der Greifswalder Dom, den Honecker am 11.06.1989 zur Wiedereinweihung besuchte und zum ersten Mal an einem Gottesdienst teilnahm. Eingeladen hatte ihn Bischof Dr.
Gienke. Die Briefe, die an ihn anschließend geschrieben wurden, sind Zeugnis des aufrechten Ganges vieler Zeitgenossen. Dieser, vom Fernsehen der DDR übertragene Gottesdienst,
hat sich vielen Menschen im Osten eingeprägt.