EINSPRUCH - Für eine Frauenkirche ohne Militärmusik

Wie die Dresdner Neuesten Nachrichten am 29./30.03.2014 mitteilten, wird die Bundeswehr „mit Pauken und Trompeten“ in die Dresdner Frauenkirche einziehen: Für den 30. April ist ein Musikalischer Gottesdienst mit dem Wehrbereichsmusikkorps III der Bundeswehr angekündigt. Dazu laden das Landeskommando Sachsen, das Sächsische Ministerium des Innern und die Stiftung Frauenkirche Dresden ein. Im musikalischen Repertoire wird ein weiter Bogen gespannt. Er reicht von der traditionellen Marschmusik über Bearbeitungen großer klassischer Kompositionen bis zu Originalkompositionen, Filmmusik und aktuellen Hits im Big-Band-Sound.

Wir erheben Einspruch aus zwei Gründen

1.) Die Militärmusik der Bundeswehr formuliert ihren Auftrag wie folgt: „Die Musik gibt den Soldaten das Gefühl: Wir gehören zusammen. Viele Menschen mögen die Musik der Bundeswehr: Auch in anderen Ländern. Darum macht die Bundeswehr oft Konzerte. Das hilft auch, damit die Menschen die Bundeswehr gut finden.“ Durch öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen sorgen die Soldaten des Militärmusikdienstes für ein gutes Ansehen der Bundeswehr. Und zwar auch in Kirchen und Gottesdiensten und mit Hilfe medienträchtiger Spendenaktionen.

Wir meinen: Gottesdienste sind grundsätzlich kein Ort für Imagepflege und Werbung in eigener Sache. Konzerte der Militärmusikkorps laufen aber auch Gefahr, vor belastendem geschichtlichem Hintergrund als Traditionspflege und als Werbung für neue kriegerische Aktionen verstanden zu werden. Schon wieder mit Gottes Segen? Selbst wenn fromme Melodien erklingen, erinnern sie daran, dass Kirchen mit Feldgesangbü̈chern und Heldendenkmalen die Kriege nicht nur verharmlost, sondern auch verherrlicht haben. Nach dem katastrophalen Verlauf und Ausgang beider Weltkriege haben sich die verheerenden Folgen in das Leben jeder Familie eingegraben. Die Wunden der Verbrechen sind nicht verheilt. Welche Gedanken und Hilfen bieten ihnen die Kirchen heute an, um Sprache für die erlittenen Traumata zu finden? Welche Musik vermag zu trösten, zu verbinden, zu heilen? Im Aufruf des Zentralausschusses des Ökumenischen Rates der Kirchen zur Dekade zur Überwindung von Gewalt heißt es:

„Wir sind der festen Überzeugung, dass die Kirchen aufgerufen sind, vor der Welt ein klares Zeugnis abzulegen von Frieden, Versöhnung und Gewaltlosigkeit, die auf Gerechtigkeit grü̈nden.“

2.) Soldaten können, wie jeder andere auch, am kirchlichen Leben teilnehmen, Gotteshäuser aufsuchen und Gottesdienste mitfeiern. Da es hierzulande aber keine Staatskirche gibt (Artikel 140 des Grundgesetzes), sind nach unserer Auffassung dienstlicher Auftrag der Bundeswehr und Verkündigungsauftrag der Kirche klar und eindeutig voneinander zu trennen. Die Frage, ob ein Landeskommando der Bundeswehr zu einem Gottesdienst als Veranstalter einladen darf, muss unseres Erachtens verneint werden. Artikel 87a (2) GG regelt, dass Streitkräfte nur zur Verteidigung eingesetzt werden dürfen. Auch Militärmusiker gehören zu den Streitkräften. „Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zulässt.“ Streitkräften ist es z.B. untersagt, polizeiliche Aufgaben wahrzunehmen. Und nun wollen Streitkräfte religiöse Aufgaben übernehmen?

Somit ist der Stiftung Frauenkirche und der Bundeswehr der Vorwurf zu machen, etwas zu veranstalten, das sich theologisch, kirchlich und politisch als bedenklich erweist. Die grundsätzliche Frage, ob in einer so symbolträchtigen Kirche wie der Frauenkirche die Bundeswehr, die an völkerrechtlich umstrittenen Militäreinsatzen u.a. auf dem Balkan und in Afghanistan beteiligt war und ist, „mit Pauken und Trompeten“ einziehen und als Veranstalter eines Gottesdienstes auftreten darf, beantworten wir mit einem klaren NEIN.

Erste UnterzeichnerInnen: Norbert Arendt, Friedenskantor; Angelika Busse, Kuratorin i.R. des Kunstdienstes der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens; Erich Busse, evangelischer Pfarrer, Dresden; Dorothee Fleischhack, evangelische Pfarrerin in Bad Gottleuba-Berggieshübel; Stefan Gehrt, Kirchenmusiker, Vertretungsorganist an der Frauenkirche Dresden; Stefan Günther, Dresdener Kunstauktionshaus Günther; Matthias Gürtler, Dompfarrer Greifswald, von 1981 bis 1986 Pfarrer in Eggesin; Hans Hoch, Musikpadagoge; Andreas Ilse, Interessengemeinschaft der Wehr- und Waffendienstverweigerer; Prof. em. Ulfrid Kleinert, Gründungsrektor der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit in Dresden; Dr. Uwe-Karsten Plisch, Evangelische StudentInnengemeinde in der Bundesrepublik Deutschland (ESG); Eva Politt, Musikerin und Friedensaktivistin; Joachim Rasch, evangelischer Pfarrer in Sebnitz; Stephan Schack, Vorstand des Forderkreises Bausoldaten Prora e.V.; Monty Schadel, Politischer Geschaftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK); Rainer Schmid, Okumenische Initiative zur Abschaffung der Militarseelsorge - für eine kirchliche, unmilitarische Soldatenseelsorge und Aussteigerberatung; Prof. em. Dr. Johann Michael Schmidt, Bibelwissenschaftler; Birgit Stelzmann, Friedensbüro Hannover; Christian Wolff, evangelischer Pfarrer i.R., Leipzig

 

Dresden, am 02. April 2014

 

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Weitere Argumente

1.   Indem die Kirche ihr Gebäude (ein großes, symbolträchtiges Gebäude, nämlich die Dresdner Frauenkirche) zur Verfügung stellt, signalisiert die Kirche eine gewisse Zustimmung zum Militär. Es ist als ob die Kirche das Militär segnen oder weihen würde.

2.   Die Bundeswehr möchte gerne die Zustimmung der Kirche. Die Bundeswehr möchte gerne ihr Image aufpolieren, indem sie einen musikalischen Gottesdienst in einer wichtigen Kirche feiert.

3.   Dies passt nicht mit dem HERRN der Kirche zusammen. Es passt nicht mit Jesus Christus zusammen, der die gewaltfreie Austragung von Konflikten gelebt und gepredigt hat.

4.   Die Kirche soll nicht nur an Weihnachten vom Frieden reden, sondern auch im Alltag alles für die friedliche Austragung von Konflikten und das friedliche Zusammenleben der Völker tun.

5.   Die Lehre aus zwei Weltkriegen lautet, dass man Konflikte zwischen Völkern ohne militärische Mittel lösen muss.

6.   Wenn man das viele Geld, das derzeit in das Militär investiert wird, in zivile Methoden der internationalen Streitschlichtung (Früherkennung von Konflikten, Friedensforschungseinrichtungen, Ausbildung von internationalen Streitschlichtern, nonviolent peace forces, BSV, ZFD) investieren würde, wäre dies möglich.

7.   Die Kirche soll nicht länger mit dem Militär gemeinsame Sache machen. Seit der Konstantinischen Wende (4.Jh) macht die Kirche oft gemeinsame Sache mit dem Militär. Das muss ein Ende haben!

8.   Die Bundeswehr hat im Innern keine Funktion. Für die Hilfe bei technischen Problemen – das gilt auch für Flutkatastrophen - ist das Technische Hilfswerk (THW) zuständig, gut ausgerüstet und in der Lage. Kein Einsatz der Bundeswehr im Innern!

9.   Selbstverständlich dürfen Soldat/innen in ihrer Freizeit in die Kirche kommen, ihre Kinder in der Kirche taufen lassen, am Heiligen Abendmahl teilnehmen, und sind im Kirchenchor und bei Gemeindefesten und als Mitarbeiter/innen herzlichst willkommen.

10. Aber der dienstliche Auftrag der Bundeswehr soll an der Kirchentür enden! Die Bundeswehr soll innerhalb der Kirchenmauern keinen Auftrag und keine Befehlsgewalt mehr haben

11. Die Militärmusiker sind aber am 30.04.2014 in dienstlichem Auftrag in der Frauenkirche. Vermutlich sind auch andere Soldaten (Feldjäger, Offiziere) in dienstlichem Auftrag in der Kirche. Das lehnen wir ab!